Page 4 - Ärzteblatt Mecklenburg-Vorpommern, Oktober-Ausgabe 2024
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EDITORIAL




           Liebe Leserinnen und Leser,

           das Land Mecklenburg-Vorpommern (M-V) verfügt über zwei   Auch eine Reform des Medizinstu-
           Universitätsmedizinen,  die  neben  ihrer  wichtigen  Aufgabe,   diums auf Bundesebene befür-
           Fachkräfte auszubilden, auch als Grundversorger für die Bevöl-  worten wir: Die Inhalte der Ausbil-
           kerung eine sehr wichtige Rolle in unserem Bundesland erfül-  dung müssen gerade die spätere
           len. Vor allem bieten die beiden großen Unimedizinen qualita-  Tätigkeit als niedergelassener
           tiv hochwertige Forschung und Lehre und beste Bedingungen   Arzt mehr berücksichtigen. Denn
           für ein Medizinstudium in Rostock und Greifswald.    unsere Bevölkerungsdichte und
           Das Land Mecklenburg-Vorpommern bildet dort seit Jahren er-  die ländlichen Strukturen machen
           folgreich mehr Medizinerinnen und Mediziner aus, als es müss-  es unabdingbar, dass wir die me-
           te: Gemessen an unserer Bevölkerungszahl bieten wir doppelt   dizinische Grundversorgung in der   Foto: Susie Knoll
           so viele Studienplätze und unterhalten damit 3,4 Prozent der   Fläche gewährleisten und uns
           bundesweiten Studienplätze im Bereich Humanmedizin, ob-  nicht nur auf einzelne Medizinzentren konzentrieren können.
           wohl nur 1,9 % der Bevölkerung Deutschlands in Mecklenburg-  So schön eine Fahrt durch Mecklenburg-Vorpommern ist: Bei
           Vorpommern leben. Übrigens mit einer erfreulich geringen   gesundheitlichen Fragen dürfen die Wege nicht zu weit sein,
           Quote an Studienabbrechern. Die Unimedizin Greifswald hat es   denn das wirkt sich negativ auf die Lebensqualität der Men-
           im CHE-Ranking sogar auf Platz zwölf der deutschen Medizin-  schen abseits urbaner Zentren aus.
           studiengänge geschafft.                              Auf Landesebene arbeiten wir deshalb eng mit unseren beiden
           Die aktuellen Forderungen nach einem weiteren Aufwachsen   Universitätsmedizinen zusammen, um die ärztliche Tätigkeit
           von Medizinstudienplätzen kann das Land Mecklenburg-Vor-  im ländlichen Raum Studierenden bereits während ihrer Ausbil-
           pommern also entspannt betrachten, denn wir haben bereits   dung als Perspektive für ihren zukünftigen Berufsweg näher zu
           „geliefert“ und tun dies seit Jahren. Betrachtet man die demo-  bringen.
           graphischen Prognosen, so wird unsere aktuelle Zahl an Studi-  Aufgrund des hohen Niveaus, auf dem sich Mecklenburg-Vor-
           enplätzen für unser Bundesland auch in 15 Jahren noch den   pommern im Bundesvergleich bei Qualität und Anzahl der Me-
           Bedarf – zumindest rechnerisch – decken. Erst dann würden   dizinstudienplätze bewegt, bin ich trotz der schwierigen Haus-
           sich Erhöhungen tatsächlich auswirken.               haltslage in Bund und Land sehr zuversichtlich, dass wir auch in
                                                                Zukunft in M-V medizinische Versorgung und Ausbildung der
           Viel wichtiger für unser Bundesland ist es, dass möglichst viele   Spitzenklasse bieten werden. Dafür werde ich als zuständige
           der ausgebildeten Medizinerinnen und Mediziner in M-V blei-  Ministerin auch weiter kämpfen. Auf Landesebene genauso wie
           ben. Denn gerade in ländlichen Räumen, die den Großteil des   in bundesweiten Gremien.
           Landes ausmachen, gibt es auch bei uns zunehmend Engpässe
           bei der ärztlichen Grundversorgung und der Verfügbarkeit von   In diese Qualität und Leistungsfähigkeit hat das Land Mecklen-
           Fachärzten. Um dieses Problem nachhaltig anzugehen, braucht   burg-Vorpommern bereits in den vergangenen Jahren sehr viel
           es aber kurzfristiger wirkende, strukturelle Maßnahmen. Eine   investiert und wird dies auch weiterhin tun.
           bloße Erhöhung der Studierendenzahlen wäre keine Lösung.  Der Bundesgesetzgeber ist aber gefragt, den speziellen Bedürf-
                                                                nissen sehr unterschiedlicher Strukturen in den Bundesländern
           Die Landesregierung hat deshalb eine „Landarztquote“ einge-  Rechnung zu tragen und dabei nicht die ländlichen Bereiche
           führt. Seit dem Wintersemester 21/22 sind 32 Studienplätze,   gerade im Osten Deutschlands zu benachteiligen.
           also 7,8 Prozent, für Studierende reserviert, die gewillt sind,   Wir sollten nicht vergessen: Der Zugang zu ortsnaher medizini-
           sich nach ihrem Abschluss als Hausärzte in Mecklenburg-Vor-  scher Versorgung ist ein wichtiger Faktor für die Zufriedenheit
           pommern niederzulassen.                              der Menschen. Denn fehlende Qualität und Verfügbarkeit in
           Außerdem setzen wir uns bundeweit in Verhandlungen mit den   diesem Bereich spürt jeder „am eigenen Leib“.
           anderen Ländern dafür ein, dass die rechtlichen Spielräume
           vergrößert werden, um Instrumente wie die Landarztquote                                     Bettina Martin,
           noch umfassender nutzen zu können. Denn diesen Maßnah-                       Ministerin für Wissenschaft, Kultur,
           men sind durch Zulassungsrecht und bundesweite Vorgaben                    Bundes- und Europaangelegenheiten
           enge Grenzen gesetzt.                                                              Mecklenburg-Vorpommern


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