Page 12 - Ärzteblatt Mecklenburg-Vorpommern, Oktober-Ausgabe 2024
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AKTUELLES



           Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen –


           was Ärztinnen und Ärzte persönlich zu

           Umwelt- und Klimaschutz beitragen können







           Unter dem Überbegriff „Planetare Gesundheit“ findet seit   mes Startsignal, z. B. ein Meeting zum Thema Nachhaltigkeit,
           einigen Jahren weltweit und in Deutschland eine Samm-  um Bewegung in die Sache zu bringen. Erfahrungsberichte
           lungsbewegung von Personen und Organisationen statt,   von Kolleginnen und Kollegen zeigen, dass in medizinischen
           die sich wissenschaftlich mit den Zusammenhängen zwi-  Teams meist die gleichen Wertvorstellungen und Ziele zu Um-
           schen der Gesundheit der Menschen und dem Zustand der   weltfragen artikuliert werden. Dies ist eine tragfähige Basis
           Ökosysteme auf der Erde befassen. Die Klima- und Umwelt-  für gemeinsame Projekte. Es gibt brauchbare Checklisten, an-
           krise gilt als das größte Gesundheitsrisiko des 21. Jahrhun-  hand derer konkrete Vorschläge für das eigene Arbeitsumfeld
           derts. Während sich der Paradigmenwechsel hin zu einer   miteinander diskutiert werden können. Als wichtige Kompo-
           komplexen  globalen  Gesundheitsbetrachtung  in  der  For-  nenten im Prozess der Teamorientierung auf Nachhaltigkeit
           schung  zunehmend  durchsetzt,  trifft  die  Umsetzung  der   als  Gemeinschaftsaufgabe  werden  von  Kommunikationsex-
           Erkenntnisse innerhalb unserer Gesellschaft im ökonomi-  perten die Sensibilität für Widerstände und die Vermeidung
           schen, politischen und sozialen Handeln auf Hemmnisse –   von Überforderung genannt. Weitergehende hilfreiche Tipps
           so auch im medizinischen Berufsalltag. Ärztinnen und Ärz-  und  Materialien  finden  sich  in  neueren  Buchtiteln  wie  „Die
           te, die durch bewusstes Handeln aktiv persönliche Beiträge   grüne Arztpraxis“ und „Green Hospital“, die in der Medizinisch-
           zu  mehr  Nachhaltigkeit  im  Umgang  mit  den  natürlichen   Wissenschaftlichen Verlagsgesellschaft erschienen sind, sowie
           Ressourcen  und  zum  Klimaschutz  leisten  wollen,  finden   auf einschlägigen Internetseiten wie www.klimadocs.de,
           viele Möglichkeiten in ihrem Umfeld. Dieser Beitrag soll   www.klima-gesund-praxen.de und ähnlichen.
           dazu eine kleine Übersicht geben.
                                                                Klimasensible Patientenberatung


           Das  Gesundheitswesen  verursacht  einerseits  selbst  6,7  %   Für viele Patientengruppen ist die Beratung zum Schutz vor
           der Treibhausgasemissionen in Deutschland, sodass sich er-  Hitze relevant. Die globale Erwärmung führt insbesondere bei
           folgreiche  Bemühungen um eine klimaschutzorientierte   Chronikern mit Herz-, Gefäß-, Nieren- und Atemwegserkran-
           Transformation von Krankenhaus- und Praxisbetrieben un-  kungen zu akuten Zustandsverschlechterungen während Hit-
           mittelbar lohnen. Andererseits genießen die Angehörigen   zewellen, zumal diese oft in Verbindung mit erhöhter Luftver-
           der Gesundheitsberufe und insbesondere die Ärzteschaft in   schmutzung (Feinstaub, Stickstoffdioxid, bodennahes Ozon)
           hohem Maße das Vertrauen der Bevölkerung, sodass sie als   auftreten. Individualisierte Hinweise zu Abkühlungsmaßnah-
           Vorbilder und Berater zu gesundheitsfördernden Verhaltens-  men, zur Trinkmenge und ggf. zur Medikationsanpassung las-
           weisen eine Multiplikatorenrolle einnehmen können. Ohne   sen sich mit Aufklärung zu den Ursachen des Klimawandels
           Mitwirkung unseres Berufsstandes ist das Ziel der WHO, Ge-  und Empfehlungen zu allgemeinen Lebensstiländerungen
           sundheitsförderung in allen Bereichen des öffentlichen Le-  (z. B. pflanzenbasierte Ernährung, Verzicht auf Flugreisen u.
           bens zu verankern, nicht erreichbar (Helsinki-Erklärung   Ä.) verbinden. Die erhöhten Durchschnittstemperaturen ma-
           2013: Health in All Policies).                       chen auch Allergikern zu schaffen, weil die Pollensaison ver-
                                                                längert ist und weil neue allergene Pflanzen wie Ambrosia in
           Nachhaltigkeit als Teamaufgabe                       Deutschland heimisch geworden sind. Zecken als virentragen-

                                                                de Vektoren vergrößern ihr geografisches Ausbreitungsgebiet
           Spätestens seit der Friday-for-future-Bewegung von Jugend-  und bleiben im Jahresverlauf länger aktiv als früher, auch dies
           lichen ist das Thema auch bei unseren Mitarbeiterinnen und   ist eine Folge des Klimawandels. Die Beratung von Patienten
           Mitarbeitern präsent. Manchmal genügt schon ein aufwandar-  zur Anpassung an solche Phänomene hat sich medizinisch


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