Page 10 - Ärzteblatt Mecklenburg-Vorpommern, Oktober-Ausgabe 2024
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AKTUELLES
Bürokratiebelastung in Krankenhäusern
Das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) hat im Juli 2024 große Mehrheit der Beschäftigten der hohe Dokumentations-
eine Blitzumfrage zur Bürokratiebelastung in Krankenhäu- aufwand Anlass für fortwährende Kritik. Der hohe Bürokratie-
sern im Auftrage der Krankenhausgesellschaft (DKG) durch- aufwand kann für die Krankenhäuser abträgliche Folgen für
geführt. Die Blitzumfragen des DKI richten sich an Kranken- die Fachkräftesicherung haben. Fachkräfte würden deswegen
häuser, die sich grundsätzlich bereit erklärt haben, solche den Beruf wechseln; jedes dritte Allgemeinkrankenhaus be-
Umfragen zu bedienen. Als Grundgesamtheit dieser Umfra- fürchtet, dass sich weniger Fachkräfte bewerben werden.
ge werden alle Allgemeinkrankenhäuser ab 50 Betten und,
unabhängig von der Krankenhausgröße, alle psychiatri- Kaum zweifelhaft ist die zunehmende Bürokratisierung im
schen und psychosomatischen Fachkliniken angegeben; die Krankenhaus in erster Linie Folge externer Dokumentations-
Größe der Grundgesamtheit wird nicht genannt. anforderungen und Nachweispflichten von Politik, Selbstver-
waltung, Kostenträgern und Medizinischem Dienst. Das Fazit
Beteiligt haben sich 225 Allgemeinkrankenhäuser und 98 psy- der Umfrage ist die Forderung, weitere Bürokratie zu stoppen
chiatrische Einrichtungen. Die Krankenhäuser wurden aufge- und bestehende Regelungen und Gesetze hinsichtlich Auf-
fordert, pauschal zu schätzen, wieviel Zeit eine ärztliche bzw. wand und Nutzen zu untersuchen. Auch als relevant einge-
eine pflegerische Vollkraft (VK) in ihren Häusern durchschnitt- stufte Informationspflichten sollten schrittweise überarbeitet
lich mit Dokumentationsaufgaben und Nachweispflichten ver- und vereinfacht werden. Keinesfalls sollten parallel mehrere,
bringt. Trotz der erkennbaren methodischen Mängel wird das in ihren Vorgaben unterschiedliche Vorschriften für ein und
Ergebnis der Umfrage vom DKI als repräsentativ bezeichnet. dasselbe Zielkriterium existieren. Durch einen gezielten und
nachhaltigen Bürokratieabbau können die genannten Akteure
Danach verbringen Ärzte und Pflegekräfte in den deutschen das Krankenhauspersonal entlasten und damit die Patienten-
Krankenhäusern im Schnitt ein Drittel ihrer täglichen Arbeits- versorgung verbessern.
zeit mit Dokumentationsaufgaben und Nachweispflichten.
Fast drei Stunden täglich sind sie mit Dokumentationen und Das Deutsche Krankenhausinstitut befindet sich in Träger-
Nachweisen beschäftigt. Rein rechnerisch seien rund 116.600 schaft der drei zentralen krankenhausseitigen Verbände Deut-
von knapp 343.000 Vollkräften (34 %) im Pflegedienst von All- sche Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG), Verband leitender
gemeinkrankenhäusern ausschließlich mit Dokumentations- Krankenhausärzte e.V. (VLK) und Verband der Krankenhausdi-
tätigkeiten befasst und für die patientennahen Pflegetätigkei- rektoren Deutschland e.V. (VKD).
ten nicht mehr verfügbar. Bei den Ärzten sind kalkulatorisch
rund 59.500 von gut 165.200 ärztlichen Vollkräften bundes- Dr. Wilfried Schimanke
weit (36 %) ausschließlich für Dokumentationsaufgaben und
Nachweispflichten zuständig.
„Zukunft gestalten, Mangel verwalten –
Befragt nach den besonders zeitaufwändigen Dokumentatio- mehr Zeit für Patientinnen und Patienten
nen bei kaum erkennbarem Nutzen für die Patientenversor- durch Bürokratieabbau“
gung wurden die Bearbeitung von Anfragen des Medizini-
schen Dienstes, die Erfüllung von Nachweisen und Checklis- Auch die fünf Heilberufekammern des Landes haben sich die-
ten zur internen und externen Qualitätssicherung und hoher ses Themas angenommen und sprechen mit Politikern des Lan-
Zeitaufwand durch viele mehrfache und redundante Erfas- des am 16. Oktober 2024 bei der im vergangenen Jahr gestarte-
sungen aufgrund von fehlender IT-Unterstützung, mangeln- ten Veranstaltungsreihe „Kammer trifft Politik“ in Schwerin
der Schnittstellen sowie generell zu geringem Digitalisie- über die Bürokratiebelastung im medizinischen Alltag. Dabei
rungsgrad der Krankenhäuser genannt. Auch der Aufwand für stellt jede Kammer nicht nur die ärgsten Hindernisse in Sachen
die Dokumentation zur Pflegepersonaluntergrenzen-Verord- Bürokratie vor, sondern macht auch konkrete Vorschläge für
nung (PpUGV) und zur PPR2.0 (Pflegepersonalregelung) wird dessen Abbau. Über die Veranstaltung berichten wir im Nach-
als zu hoch angesehen. Nach dieser Umfrage ist für die über- gang im Ärzteblatt. K.S.
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